Dienstag, 2. März 2010

Torres del Paine, Chile

Und am nächsten Morgen gehts dann los: Das Wetter ist glücklicherweise immer noch sonnig und ein klarer Himmel offenbart uns schon beim Hineinfahren in den Park einen tollen Blick auf die 3 Torres! Wir fahren an strahlendblauen Seen mit pinken Flamingos und großen Guanaco-Herden vorbei, sehen schon den ersten Kondor und freuen uns auf unsere bevorstehenden 6 Tage! Vom Busstop aus jagen wir gleich mal ohne Gepäck zum Mirador am See hinauf und sehen nochmals die Torres in traumhafter Umgebung liegen und sehen den riesigen Wasserfall. Milchig-türkisfarbenes, kalt aussehende Wassermengen brausen da so hinunter, dass sich absolut kitschig ein Regenbogen in den aufsprühenden Wasser bildet.


Am See setzen wir mit einem Katamaran ans andere Ufer über, wo wir dann wie viele andere unsere W-Wanderung starten. Obwohl auch einige von dieser Menschenmenge in die selbe Richtung losstürmen, muss dann doch jeder sein eigenes Tempo finden und die Menschen verteilen sich angenehm.


Absolut nicht angenehm empfinden wir die Rucksäcke!!! Krass, wie schwer die sind. Weil Gwenny immernoch leicht lediert ist, trägt Torsten am ersten Tag viel mehr und wir können es beide kaum glauben, dass wir erst 20 Minuten gelaufen sind, als wir schon unser Trinken herausreißen und den Rucksack absetzen müssen.


Nach einer Weile gehts dann besser und wir sind auch abgelenkt von der schönen Natur. Unser Weg führt durch ein enges Tal mit Bergblumen, oranggelben Gräsern und Feuerbüschen. Wir gelangen zu einem weiten See, dahinter liegen sanft gewölbte Hügel, die in der Nachmittagssonne leuchten. Immer wieder geht es durch kleine Waldstücke mit Bächen, bei denen wir unsere Trinkflaschen auffüllen können.Während der nächsten Pause geniessen wir die Aussicht auf große Gletscherstücke, die türkis-milchig wie Burgen durch den dunkelblauen See treiben!!!


Und während der letzten Stunde können wir immer wieder direkt auf den Gletscher Grey schauen. Dafür gibt es keine Worte. Hier bleiben alle Wanderer erfürchtig sitzen, man vergisst die Strapazen des Rucksackes und man fühlt sich einfach unbeschreiblich frei! Unsere ersten zwei Nächte übernachten wir hier auf einem Campingplatzdirekt am See mit dem Gletscher vor der Nase. Nach so einem Tag schmeckt uns die Tütenminestrone richtig gut! Gut, dass wir am nächsten Tag erstmal ohne Gepäck unterweg sein können. Wir starten um 9 und fahren mit kleinem Rucksack über den Gletschersee direkt an der Abbruchkante entlang. Zwischen den zwei Gletscherzungen ist ein Stück Fels, wo wir anlegen und uns die Eisspikes um die Wanderstiefel klemmen und mit Pickel bewaffnet unsere Gletscherwanderung starten. Zuersteinmal wird uns gezeigt, wie man geschickt und sicher bergab und bergauf laufen kann. Das ist ein ganz neues Gehgefühl. Anfangs traut man den Spikes noch nicht so ganz, dann gewähnt man sich daran. Insgesamt kommt man aber nicht sehr schnell voran. Schrit für Schritt, hoch und runter, um beängstigend tiefe dunkelblau leuchtende Gletscherspalten herum und um uns überall Eis. TOLL!



Ein besonderer Highlight auf dieser märchenhaften Wanderung war eine erneut mit dunkelblauem durchsichtigen Wasser zugefrorene Gletscherspalte, Wir konnten also optisch auf er Spalte stehen und durch das glasklare Eis in die Spalte unter uns schauen. Das war echt krass!

Und auch ganz arg schön war es in eine Höhle in einer Eisspalte hineinzugehen. und um uns herum dieses Eis zu haben. Teilweise kann man im Eis Wassertropfen entlanglaufen sehen. Das sieht aus, als ob kleine Tiere durchrennen. An anderen Stellen sind die Strukturen des Eis wie Wolken am Himmel, weil die Bruchlinien weiß sind und das Eis himmelblau außenherum.



Nach diesen berührenden Erlebnissen kam für uns zwei dann noch ein sehr sportlicher Teil: Eisklettern. Wir hatten einen Guide, der uns gesichert hat und uns erklärt hat, wie man mit Hilfe von zwei Eispickeln die Eiswände hochklettert. Das war mal krass! Da hängt man an seinen zwei Pickeln und den zwei bis vier vordersten Spikes der Schuhe und muss dann einen Pickel rausziehen, weiter obern einschlagen, dann den nächsten, dann die Beine, und Hüfte ran ;)
Das war mal echt cool! Und wenn man es schweißüberströmt bis oben geschafft hat, hat man dahinter wieder auf das unendliche Eis mit den geheimnisvollen Formen schauen können, die zu unserem Glück von der Sonne angeleuchtet wurden. Juhufallera!


Am Nachmittag, nachdem Torsten erstmal Gwennys scheußlichen Blasen vom Eiswandern verarzten musste, unternehmen wir noch eine kleine Wanderung auf einen Aussichtspunkt, der über dem Gletscher liegt. Und auch das hat sich so sehr gelohnt. Wie sitzen einfach nur an der Kante des Felsen und bestaunen die Farben und Formen des Gletschers.


Und noch eins drauf: Am Abend geniessen wir zum roten Sonnenuntergang einen Rotwein, den wir in einer Petflasche mit hier her geschleift haben. Perfekt!



Nach 2 Tagen ist unser Gepäck etwas leichter und wir verteilen die Lasten neu. Es geht schon viel besser als am ersten Tag und obwohl wir den ersten Teil unserer Tagesroute je schon einmal hochgelaufen sind, ist es kein bisschen langweilig. Wir erleben die Aussichten in die andere Richtung und wandern auf den wunderschön daliegenden See zu, auf dem wir am ersten Tag mit dem Katamaran übergesetzt haben.


Frohen Mutes gratulieren wir uns beide zu den guten Ideen, frisches Obst und Müsliriegel dabei zu haben und erleben die zweite Etappe am Nachmittag als puren Genuss. Der Weg führt in sanften Auf und Abs am See entlang. Links von uns steile Bergwände, rechts der See mit entfernten Hügeln und Bergen.
Von anderen haben wir zwar nur gruselige Geschichten über unseren nächsten Campingplatz gehört (dunkel, kalt, dreckig), aber als wir haben das Glück auf unserer Seite: Die Sonne scheint und wir erleben den Campingplatz warm und gemütlich!. Den restlichen Tag sonnen wir uns mit Aussicht auf eine gewaltige Felswand mit Gletschern und seiltich von uns steht ein Berg aus mehreren Gesteinsschichten, so dass er aussieht wie eine dreifarbige Burganlage!


Tolle Natur, beeindruckender Sonnenuntergang und wir sind voller Energie für den nächsten Tag!
Übrigens haben wir hier erst gemerkt, dass die Sonne im Norden liegt! Eigenartige Erfahrung! Vorm Frühstück rasen wir schnell zum Aussichtspunkt und sehen einen Bilderbuchsonnenaufgang. Da lohnt es sich wirklich aus dem warmen Schlafsack zu kriechen.


Milchpulver + Haferflocken + Rosinen + 1 frische Frucht und ein Kaffee sind ein leckeres wärmendes Frühstück und wir können heute für die erste Tageshälfte unser Gepäck am Campingplatz lassen. Wir wandern ins Valle de Frances auf die große Bergwand mit Gletscher zu und erleben einen donnernden Lawinenabgang nach dem anderen. Es ist sooo gewaltig. Vom Mirador aus sieht man Schotterpisten, kahle kaltwirkende graue Bergzähne, schwarze Bergwände auf der anderen Seite. Unten im Tal rauschen die Gletscherwasserflüsse entlang. Wow!


Der Rückweg runter über den unebenen und sehr steilen Weg, über lose unregelmäßig große Steine ist mühsamer als hoch und die Blasenpflaster versagen. Zurück am Campingplatz packen wir unser Zeug zusammen und motivieren uns gegenseitig für den weiteren Weg mit Gepäck zum nächsten Campingplatz. Aber auch hier belohnt uns die Landschaft immer wieder mit spektakulären Aussichten. Jeder Wegabschnitt bietet etwas landschaftlich Neues und wir sind begeistert! Wir haben das Glück so früh am Campingplatz zu sein, dass wir eine der wenigen ebenen Flächen für unser Zelt finden. Im Refugio leisten wir uns ein Siegerbier und geniessen den Abend. Zum Zelten ist es echt ein Segen, dass es hier um diese Jahreszeit erst um 22.00 Uhr dunkel wird! Wir treffen unterwegs sehr nette, witzige und interessante Menschen und erfährt viel: Ein schräger Schotte der zwei junge Chilenen kennengelernt hat und mit ihnen diesen Hike macht. Die Chilenen waren noch nie richtig wandern, laufen in Turnschuhen, haben von Mama feuchte Tücher zum Campen dabei und schleppen ne große Glasflasche Whisky mit! Und der Schotte ist sozusagen die Ersatzmama und sagt wie viel gegessen werden darf und was und kocht für alle... Witzig!
Ein Grazer der alleine mit 24 kg Backpack 9 Tage auf Wanderung ist! Er selbst ist kleiner als sein Rucksack!
Eine Isländerin im Alter von Mitte 40, die bei einer bankrottgegangenen Bank gearbeitet hat, durch die Krise selbst die Krise bekommen hat und nun 2 Monate allein rumreist und hier wandert. Es ist auch wirklich eine tolle Art den Kopf total leer zu bekommen. Man schaut nur auf die Natur, auf seinen Weg und auch abends ist man mit Zeltaufbauen beschäftigt, kommt mit ganz anderen Leuten ins Gespräch, kocht noch n Fertigessen und schläft...
Ein Rudel von Zwanzigjährigen Amimädels, die zwar Lippenstift aber keine Sonnencreme dabei haben, aber die Wanderung wohl auch sehr geniessen.

Ein über 60-jähriger, der hier seinen Jugentraum erfüllt und wie eine Ziege von Stein zu Stein hüpft und ein mächtiges Tempo vorlegt...



Wir starten den vorletzten Tag ziemlich flott, weil wir vor dieser Tagesetappe echt Respekt haben. Der Weg ist aber leicht zu gehen, und am Nachmittag stellen wir fest, dass wir uns viel mehr Zeit hätten lassen können. Und vielleicht ein bisschen weniger geschwitzt hätten...


Also noch eine schöne große Pause und den letzten Anstieg zum letzten Campingplatz. Hier oben ist es wieder eine ganz andere Aussicht. Mit dem erstmals bedeckten Himmel, den schwarzen Bergen und den Torres über uns fühlt man sich sehr klein!


Am nächsten Morgen verschärft sich dieses Gefühl! Mit Stirnlampen und allem Warmen was wir Anzuziehen haben klettern wir mehr oder weniger auf allen vieren den krass steilen Pfad hinauf zum Mirador der Torres. Es ist um 5 Uhr morgens noch so finster, dass man nur die Punkte der Stirnlampen der anderen Wanderer sehen kann. Je höher wir kommen, umso krasser wird der Wind und oben angekommen schneit und graupeltt es. Wir ziehen alles an was wir haben und kriechen in Schlafsack und Mülltüten und warten auf den Sonnenaufgang - den wir nicht mehr erleben.
Es schneit immer mehr und nach einer halben Stunde sind es keine drei Torres mehr sondern nur noch zwei, dann einer und dann keiner mehr. Und dann hatten auch wir keine Lust mehr. Statt dem erwarteten idyllischen rot-rosa-leuchtenden Sonnenaufgang haben wir an diesem Morgen wohl mehr ein gewaltiges und abenteuerliches Spektakel erlebt :)


Absolut berauscht sind wir dann aus dem Park gelaufen und können nur allen Wander- und Naturfreunden diese W-Wanderung im Torres del Paine Park empfehlen!!!



Nach der Entfernung und Erneuerung Gwennys Tapes und Pflaster, einer himmlischen Dusche und frischen Klamotten, gabs ein himmlisches gegrilltes patagonisches Lamm und eine schöne Flasche Rotwein - Zivilisation hat auch etwas schönes!


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